Anlässlich der Installation von simplen 220 V Steckdosen in unserer Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses mit 7 Parteien ergab sich während der Beratung durch den Elektroinstallateur ein sehr aufschlussreiches Gespräch über Elektromobilität, das ich Euch nicht vorenthalten möchte. Die Idee war, neben 220 V Steckdosen auch 400 V Kabel einzuziehen, welche zu einem späteren Zeitpunkt für eine Ladestation für Elektromobile genutzt werden können. Wenn man schon dabei ist, ein 220 V Kabel einzuziehen, macht dies auf den ersten Blick auch Sinn, denkt sich der Laie. Die Sache ist in der Praxis komplexer als gedacht. Kurz: verlegt man heute ein Kabel, kann es morgen das falsche sein. Ausführlicher: Der Strombedarf ist bei Schnellladestationen sehr hoch. Unser Neubau wäre bei einem Tesla, der an einer Schnellladestation 32A 'verdaut', in der aktuellen Auslegung überfordert. Die Anpassung wäre zwar einfach, aber es gibt noch weitere Restriktionen. Beispiel: Man kommt um 12 Uhr nach Hause, denkt, dass es sinnvoll wäre, das Elektroauto über Mittag noch schnell nachzuladen, schaltet für das Mittagessen den Kochherd ein (auch 400 V 16A), dann fliegt die Sicherung raus und man kann ohne Mittagessen zu Fuss zum Arbeitsplatz zurückrobben.
Das Stichwort heisst Lastspitzen. Selbst wenn dem auslösenden Moment mit dem Einbau einer grösseren Sicherung und dickeren Leitungen begegnet werden könnte, heisst das noch lange nicht, dass man dann auch Strom erhält. Das lokale Elektrizitätswerk ist nicht dafür ausgelegt, solche Lastspitzen zu gewährleisten. Wenn es mehr und mehr Elektrofahrzeuge geben sollte, wäre das EW sogar gezwungen, den Strom z.B. über Mittag abzuschalten, wie man früher teilweise Waschmaschinen zu gewissen Zeiten nicht mit Strom versorgt hat, wenn andere Stromfresser (Kochherd, Backofen) Priorität hatten. Dann hat man zwar gegessen, muss aber trotzdem zu Fuss an den Arbeitsplatz. Das Problem verschärft sich erst recht, wenn das massentaugliche Elektroauto weiter fahren kann als die heutigen 100-200 km. Fährt es fünfmal weiter, braucht es auch fünfmal mehr Strom. Und je massentauglicher das Elektroauto wird, desto mehr Strom brauchen dann alle zusammen erst recht. Darauf ist die Infrastruktur gar nicht ausgelegt. An die Infrastruktur in den USA will ich jetzt gar nicht denken...
Das Problem liegt in Zukunft weniger bei den öffentlich verfügbaren Ladestationen, als vielmehr an der Angebotskapazität, die geschätzt verzehntfacht werden müsste, würden alle Elektroautos fahren. Der Steuerzahler darf sich dann freuen, wenn das EW aufgestockt werden muss.
Nur so als Gedankenanstoss.
Zurück zu unserer Installation: der Rat des Elektroinstallateurs ist, das Kabel für 400 V erst dann einzuziehen, wenn die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs konkret wird.